Die Liga zwischen Typo3 und WordPress
Wie soll man aus der unüberschaubaren Fülle von Content Management Systemen jenes wählen, das für die Aufgabe passt, mit überschaubarem Lernaufwand beherrschbar ist und auch in Zukunft nicht zu eng, zu klein oder zu träge wird? Keine leichte Aufgabe. Oft orientiert man sich an bekannten Namen oder an der Frequenz von Fachbuchveröffentlichungen zu einem CMS. Aus dem Open Source-Lager wählt man daher entweder Joomla! oder Typo3 für die Unternehmenssite der MultiMega AG, oder WordPress für den kleinen persönlichen Blog.
Und dazwischen?
Textpattern ist ein kostenloses, leichtgewichtiges CMS, das innerhalb von zehn Minuten auf dem üblichen Webhosting-Angebot mit Apache, PHP und MySQL installiert werden kann. Sein optimales Einsatzfeld sind Blogs und Websites für kleine und mittlere Unternehmen oder Freiberufler. Als Open-Source-Software unterliegt Textpattern der GPL, ist daher frei verfügbar und kostenlos einzusetzen.
Texte einfach im Internet publizieren
Der Name ist Programm: Textpattern ist ein Werkzeug für Autoren, deren Fokus auf Text liegt. Die Indizien dafür sind eindeutig: Das zentrale Element sind „Artikel“, die im Wesentlichen aus einem Exzerpt, dem eigentlichen Artikeltext und einigen Verwaltungseigenschaften zur Kategorisierung und Datierung bestehen. Hat man sich erfolgreich in Textpatterns Administrationsoberfläche angemeldet, landet man unmittelbar im Formular für die Eingabe eines neuen Artikels und kann direkt losschreiben.

Inhalte werden entweder in gewöhnlichem XHTML oder – einfacher – in der Markup-Sprache „Textile“ eingegeben. Textile hat eine leicht erlernbare Syntax für die Auszeichnung von Überschriften, Listen oder Zitaten und automatisiert die technischen Feinheiten wie das korrekte Schließen von Tags. Der bekannte WYSIWYG-Editor TinyMCE kann über eine Erweiterung nachgerüstet werden.
Die Bausteine des Content Management Systems
Um zu einer darstellbaren XHTML-Seite zu gelangen, verwendet Textpattern verschiedene in seiner Datenbank liegende Inhaltsbausteine:
- Artikel mit ihren verbundenen Kommentaren
- Bilder mit den dazugehörigen Vorschaubildern (Thumbnails)
- Links
- Downloadbare Dateien
Jedem dieser Elemente können bis zu zwei frei definierte Kategorien zugeordnet werden. Die Datenbank enthält weitere, eher „bürokratische“ Komponenten:
- Seitenvorlagen
- Style Sheets (CSS)
- Code für Erweiterungen und Plugins
- Benutzerverwaltung mit Rechtezuordnung
- Wiederverwendbare Code- oder Layoutbausteine
- Zugriffsprotokoll
Die oben genannten Inhaltsbausteine werden über Textpattern-Tags aus der Datenbank gefiltert. Das Tag <txp:article />
filtert z. B. alle Artikel, die einer bestimmten Sektion zugewiesen wurden. Tags können in Bausteinen (forms) kombiniert und mit CSS gemischt werden. Manche werden direkt in der Seitenvorlage platziert.
Ein interaktiver Tagbuilder unterstützt den Anfänger beim Erkunden der Möglichkeiten. Im Textbook-Wiki findet man eine Auflistung aller Tags sowie deren Attribute. Darüberhinaus bietet das Textbook eine für Open-Source-Verhältnisse recht zufriedenstellende Sammlung von Anleitungen für die Installation und die Administration einer Textpattern-basierten Website.
Webdesign nach dem Standard des World Wide Web Consortiums
Natürlich unterstützt Textpattern Webdesign nach akzeptierten Standards, erlaubt Layouts ohne HTML-Tabellen und vom Styling getrennten Inhalt. Ebenso ist die Nutzung akzeptierter Technologien wie RSS und Lauffähigkeit des Backends auf allen verbreiteten Browsern keine Frage.
In Sachen Sitestruktur und URL-Design kennt Textpattern den dynamischen Wechsel zwischen mehreren Verfahren, darunter auch die bei Benutzern und auch Suchmaschinen beliebten „sprechenden“ Varianten:
- http://example.com/jahr/monat/tag/artikel-titel
- http://example.com/sektion/artikel-titel
Falls die Technologie des Webservers keine URL-Rewrites unterstützt, werden „unordentliche“ URLs verwendet:
- http://example.com/index.php?id=42
Gemäß dem Prinzip „Wenig Arbeit für den Autor“ werden diese URLs automatisch aus den Titeln der Artikel abgeleitet. Umlaute oder andere ungültige Zeichen werden glattgebügelt. Wenn Besucher trotz dieser eingängigen Struktur und der guten Zugänglichkeit für Suchmaschinen orientierungslos bleiben, hilft die integrierte Volltextsuche.
Individuelle Lösungen für Homepages
Textpattern verfügt über eine sehr strukturierte Administrationsoberfläche. Plugins für Textpattern können leicht installiert und selbst das Backend kann erweitert werden. Neben der schon erwähnten Möglichkeit, einen WYSIWYG-Editor an Stelle des Standardtextfilters einzusetzen, glänzen Plugins zum Caching für hochfrequentierte Sites, zur Integration der beliebten „Web 2.0“-Ikonen wie YouTube, digg.com oder del.icio.us oder zur Verwaltung von Mailinglisten. Das Plugin-Spektrum ist ausgesprochen weit. Eine umfassendes Verzeichnis mit Detailinformationen und Downloadadressen findet man auf der Site Textpattern Ressources.
Eine Wollmilchsau, legt trotzdem keine Eier
Obwohl Textpattern im Prinzip fast beliebig durch Plugins erweiterbar ist, kann es doch Anforderungen geben, die das System eher gegen den Strich bürsten. So fehlen Textpattern tragfähige Konzepte für mehrsprachige Websites oder ausgefeilte Workflowfeatures grösserer Systeme wie Versionsverwaltung oder interne To-Do-Listen für Autoren. Ein fein granuliertes Permission Rights System ist nicht vorhanden und kann auch nicht nachgerüstet werden. Auf die einfache Anbindung von Shoplösungen, die über einen simplen Warenkorb hinausgehen, wartet die Textpattern-Community noch.
„Dress for the moment“ – also das spontane, endanwendertaugliche Wechseln des Site-Stylings, die WordPress über Themes so attraktiv machen – befindet sich in der vagen Planungsphase. Die auf Textgarden.com downloadbaren Fertig-Templates müssen daher vom Sitedesigner mit einigen manuellen Handgriffen installiert werden.
Fazit
Textpattern ist ein schlankes, flexibles Blog-CMS, mit dem sich sehr individuelle Websites realisieren lassen. Die Lernkurve ist gemessen an etlichen großen CMS nicht steil. Wer sich von den Möglichkeiten dieser Software überzeugen möchte, werfe einen Blick in die beiden TXP Sites Collections des TXP Mag.
Technische Anforderungen:
- PHP 4.3+
- MySQL 3.23+
- Apache oder IIS
- Linux, MAC, Windows
- mod_rewrite für „sprechende“ URLs optional
- Backend: Alle modernen Browser (Firefox, Internet Explorer, Opera, Safari, Netscape)
Über die Autoren
Dieser Artikel wurde von Alexandra Labudda und Robert Wetzlmayr verfasst und erstmalig in der Ausgabe 7 von „T3N, dem Magazin für Open Source, Webentwicklung und TYPO3“, veröffentlicht.
Robert Wetzlmayr programmiert für das Web und ist Autor zahlreicher Plugins für Textpattern. Alexandra Labudda ist Webentwicklerin in Köln.