„Tödliche Absicht“ von Lee Child

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In dem 2003 erschienenen Thriller „Tödliche Absicht“ erweitert Lee Child seine Serie rund um den einzelgängerischen, rastlosen Helden Jack Reacher um eine weitere Facette.

Selten wurde ein Held mit einem dermaßen atemberaubenden Start eingeführt wie Jack Reacher im Thriller „Größenwahn“. Während „Größenwahn“ ein Roman war, für dessen Sprachgewalt und Handlungspulsschlag kein anderes Wort als Stakkato zutreffen kann, lässt Lee Child dem Leser von „Tödliche Absicht“ mehr Zeit, um seinen Adrenalinspiegel aufzubauen.

That’s why the hero is a tramp…

Jack Reacher, ein aus dem Heeresdienst ausgeschiedener Ermittler der Militärpolizei, wird vom US-Secret Service beauftragt, die Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des gerade frisch gewählten Vizepräsidenten zu beurteilen.

Nach kurzer Zeit wird klar, dass das Interesse des Secret Service nicht rein akademischer Natur ist, sondern eine konkrete Morddrohung an den Vizepräsidenten gerichtet wurde. Die potentiellen Attentäter agieren intelligent und mit ungewöhnlicher Sachkenntnis über die Interna des Geheimdienstes, so dass zusätzlich zu dem Damoklesschwert der Attentatsdrohung auch noch die Frage nach der Integrität der Agenten an den Nerven der Beteiligten zerrt. Die ewigen Rivalitäten zwischen dem Secret Service und dem für Ermittlungen auf Bundesstaatsebene zuständigen FBI sorgen für bürokratischen Sand im Getriebe.

Viel zu tun also für den einsamen Helden. Nur gut, dass Jack Reacher nicht einsam bleiben muss…

Schon zwei Uhr morgens? Die fünfzig Seiten les‘ ich noch!

Lee Child erschafft klare Bilder von Personen und Orten der Handlung, malt mit kräftigen Strichen ein Szenario, das weitgehend frei ist von den Sprachklischees, die so gern in US-Thrillern verarbeitet werden und baut in einer langsamen Steigung Spannung auf, die es schwer macht, die Lektüre ab der zweiten Hälfte des Buches zu unterbrechen.

Als Leser fühlt man sich dazu verführt, die Interna über die Arbeitsweise des Secret Service für wirklichkeitsnah zu halten. Alle Details erscheinen logisch, wohlrecherchiert und angenehm unreisserisch erzählt.

Während ich „Größenwahn“ atemlos und innerlich hechelnd weggelegt habe, hinterlässt „Tödliche Absicht“ ein dezenteres Gefühl von Zufriedenheit über den Sieg der gerechten Sache.

Und wozu sonst würde man Thriller lesen?


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